Besuchsrecht für Dritte: Ausnahmen in der Schweiz
Herzensangelegenheit oder rechtlicher Anspruch? Besuchsrecht für Dritte
Eine Scheidung oder Trennung trifft nicht nur die Eltern direkt, sondern zieht oft Kreise, die auch Grosseltern, Stiefeltern oder andere wichtige Bezugspersonen eines Kindes betreffen. Wenn plötzlich der Kontakt zu den geliebten Enkeln oder Stiefkindern eingeschränkt wird, entsteht oft grosser Schmerz und die Frage nach den eigenen Rechten. Das Schweizer Familienrecht legt das Besuchsrecht primär in die Hände der leiblichen Eltern. Doch es gibt Fälle, in denen auch Dritten ein Anspruch auf persönlichen Kontakt zugesprochen werden kann.
Der besondere Blick auf das Kindeswohl
Im Schweizer Recht ist das Kindeswohl das oberste Gebot. Jede Entscheidung, die das Leben eines Kindes betrifft, muss diesem Grundsatz folgen. Das bedeutet, dass ein Besuchsrecht für Dritte nicht einfach auf Basis des Wunsches der Erwachsenen gewährt wird. Es muss klar erkennbar sein, dass der Kontakt für die Entwicklung und das emotionale Wohlergehen des Kindes förderlich ist.
Was sind die „ausserordentlichen Umstände“?
Der Gesetzgeber spricht von „ausserordentlichen Umständen“, unter denen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder ein Gericht einem Dritten ein Besuchsrecht einräumen kann. Was heisst das konkret?
- Gelebte und gefestigte Beziehung: Die dritte Person muss bereits eine enge, über längere Zeit bestehende Beziehung zum Kind haben. Dies ist typischerweise bei Grosseltern der Fall, die regelmässig und intensiv am Leben ihrer Enkel teilgenommen haben, zum Beispiel durch regelmässige Betreuung. Aber auch eine Stiefmutter oder ein Stiefvater, der über Jahre eine Elternrolle ausgefüllt hat, kann diese Voraussetzung erfüllen.
- Bedeutung für die Entwicklung des Kindes: Der Kontakt zu dieser dritten Person muss für die emotionale, soziale oder psychische Entwicklung des Kindes von Bedeutung sein. Es geht darum, dass der Verlust dieses Kontakts für das Kind eine Einbusse darstellen würde.
- Förderung statt Belastung: Das Besuchsrecht muss dem Kindeswohl dienen und darf es nicht belasten. Das heisst, es darf keine unnötigen Konflikte zwischen den Eltern schüren oder das Kind unter Druck setzen. Ein erzwungener Kontakt, der dem Kind widerstrebt, ist kontraproduktiv.
Der Weg zur Kontaktaufnahme
Wenn die Eltern den Kontakt verweigern, kann ein Antrag auf Besuchsrecht bei der KESB am Wohnort des Kindes gestellt werden. Die KESB prüft die Gegebenheiten genau und kann, falls die „ausserordentlichen Umstände“ vorliegen und das Kindeswohl es erfordert, ein Besuchsrecht anordnen. Gerichtsverfahren sind die letzte Option, wenn keine Einigung erzielt werden kann.
Konflikte vermeiden: Die Rolle der Mediation
Oft ist ein Gerichtsverfahren belastend für alle Beteiligten, insbesondere für die Kinder. Eine Mediation bietet einen Weg, aussergerichtliche Lösungen zu finden. Mit Unterstützung eines neutralen Mediators können alle Parteien versuchen, eine faire und tragfähige Vereinbarung zu treffen, die dem Wohl des Kindes am besten dient und den Familienfrieden bewahrt.
Fazit: Das Wohl des Kindes entscheidet
Das Besuchsrecht Dritter ist in der Schweiz eine Ausnahme, kein Standardrecht. Es wird nur gewährt, wenn das Kindeswohl es dringend erfordert und eine bereits enge, positive Beziehung besteht. Wer als Dritte Person den Kontakt zu einem Kind aufrechterhalten möchte, sollte stets das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen und eine einvernehmliche Lösung suchen.






