Vermögensverzehr im Eheschutz: Wann das Gericht Nein zur Anzehrung sagt.
Eine Trennung in der Schweiz bedeutet nicht nur emotionalen Stress. Sie müssen auch Ihre Finanzen neu ordnen. Stehen Eheschutzmassnahmen an, geht es schnell um die Frage: Reicht das Einkommen noch für zwei Haushalte und den Kindesunterhalt? Oft geraten Paare in Panik, dass sie ihre gesamten Ersparnisse für den Unterhalt verwenden müssen. Die gute Nachricht: Das Schweizer Familienrecht schützt Ihr Vermögen grundsätzlich. Erfahren Sie, welche strengen Regeln Gerichte beachten, bevor sie den Vermögensverzehr anordnen.
Der Grundsatz der Subsidiarität des Vermögensverzehrs
Unterhalt (sowohl der Kindesunterhalt als auch der Ehegattenunterhalt) wird primär durch das Einkommen bezahlt. Das ist das Prinzip der Subsidiarität. Das heisst, der Richter darf nur dann den Vermögensstamm angreifen lassen, wenn das laufende Einkommen den notwendigen Unterhalt nicht deckt.
Gerade im Eheschutzverfahren sind Richter sehr zurückhaltend. Sie dürfen nicht einfach eine willkürliche Anweisung geben. Das jüngste Bundesgerichtsurteil (BGE 5A_726/2023) bestätigt: Eine Anordnung zum Vermögensverzehr, die sich nur auf das Einkommen aus einer Gesellschaft stützt und die Gesamtsituation ausser Acht lässt, ist willkürlich und damit unzulässig.
Schutz Ihres Vermögens: Was ist nicht antastbar?
Nicht jedes Vermögen ist gleich. Das Gericht berücksichtigt die Funktion und Zusammensetzung Ihres Vermögens. Beispielsweise wird es Ihnen nur schwer zumuten:
- Vermögen aus Erbschaften: Das nach der Trennung angefallene Erbe bleibt in der Regel unangetastet.
- Schwer liquidierbare Werte: Dazu gehört oft die Familienwohnung oder andere Immobilien, die Sie nicht kurzfristig verkaufen können.
- Vorsorgevermögen: Spargelder, die klar der Altersvorsorge dienen, geniessen hohen Schutz.
Wenn Sie und Ihr Ehepartner aber während der Ehe bereits vom Kapital gelebt haben (Anzehrung der Substanz), kann der Richter verlangen, dass Sie diese Praxis fortsetzen.
Fairness für alle Kinder: Die Betreuungsleistung zählt
Ein oft übersehener, aber wichtiger Punkt ist der Betreuungsunterhalt. Seit der Revision des Kindesunterhaltsrechts ist dieser Beitrag ein eigenständiger Anspruch des Kindes. Er entschädigt den betreuenden Elternteil dafür, dass er wegen der Kinderbetreuung weniger oder gar nicht arbeiten kann.
Wenn ein Unterhaltspflichtiger nun eine neue Familie gründet, hat das Kind aus dieser neuen Beziehung ebenfalls einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Diesen Anspruch müssen die Richter im Rahmen der Unterhaltsberechnungvollumfänglich berücksichtigen. Geschieht dies nicht, führt das zu einer falschen und ungerechten Verteilung der verfügbaren Mittel. Eine solche willkürliche Missachtung der korrekten Berechnungsmethode kann vom Bundesgericht korrigiert werden.
Ihre Handlungsempfehlung: Rechnen Sie fair und transparent
Nutzen Sie die Gelegenheit der Eheschutzmassnahmen, um alle Fakten offen auf den Tisch zu legen. Seien Sie transparent bezüglich Ihrer Einnahmen, Ausgaben und Vermögenswerte. Nur so kann das Gericht eine angemessene und gerechte Unterhaltsregelung treffen. Scheuen Sie sich nicht, juristischen Beistand zu suchen, denn die Regeln zum Vermögensverzehr und Betreuungsunterhalt sind komplex.






