Kindeswohl bei Umzug: So regelt das Gesetz den neuen Wohnort
Viele Eltern stehen nach einer Trennung vor der Frage, ob sie mit ihrem Kind umziehen dürfen. Das ist eine tiefgreifende Entscheidung mit grossen Auswirkungen. Das Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB), insbesondere Art. 301a, bildet den Rahmen für diesen Prozess. Wir erklären Ihnen die wichtigsten Leitlinien, damit Sie gut informierte Entscheidungen treffen.
Ihr Recht auf Umzug vs. das Wohl des Kindes
Als Eltern haben Sie die sogenannte Niederlassungsfreiheit. Niemand soll Sie daran hindern, Ihren eigenen Wohnort zu wechseln. Art. 301a ZGB verhindert also nicht Ihren Umzug. Er stellt aber sicher, dass die Entscheidung über den neuen Aufenthaltsort des Kindes sorgfältig getroffen wird.
Die Genehmigungspflicht greift, wenn:
- Der neue Wohnort sich im Ausland befindet.
- Der Umzug in der Schweiz die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge oder das Besuchsrecht des anderen Elternteils erheblich beeinflusst.
Ohne die Zustimmung des anderen Elternteils benötigen Sie eine Genehmigung durch das Gericht oder die Kindesschutzbehörde (KESB). Deshalb müssen die Details des Umzugs stets auf einer konkreten Basis geklärt werden, bevor Sie oder die Behörde zustimmen.
Fokus auf das bisherige Betreuungsmodell
Die Gerichte prüfen genau, wie die Betreuung des Kindes bisher organisiert war. Dieses Betreuungsmodell ist der Ausgangspunkt jeder Abwägung.
- Vorherrschende Betreuung: Hat der wegziehende Elternteil das Kind bisher mehrheitlich betreut (Parent de référence), spricht viel dafür, dass das Kind mitzieht. Hier zählt die Kontinuität der Bezugsperson. Der umziehende Elternteil muss jedoch beweisen, dass er die Betreuung in der neuen Umgebung gleichwertig sicherstellen kann.
- Ausgewogene Betreuung: Wenn Sie und der andere Elternteil das Kind bisher annähernd gleich betreut haben, ist die Ausgangslage neutral. Das Gericht muss dann umfassend alle Aspekte des Kindeswohls abwägen, um den besten Ort zu bestimmen.
Die Motive für den Umzug spielen nur eine Nebenrolle. Doch Vorsicht: Versuchen Sie, durch den Umzug die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil zu kappen (fehlende Bindungstoleranz), zweifeln die Behörden an Ihrer Eignung als betreuender Elternteil.
Besonderheit: Umzug ins Ausland und Eilmassnahmen
Ein Umzug ins Ausland ist besonders heikel. Schweizer Gerichte verlieren hier unter Umständen die Zuständigkeit. Das Bundesgericht verlangt deshalb besondere Zurückhaltung bei der Erteilung einer provisorischen Umzugsbewilligung ins Ausland. Nur bei charakterisierter Eilbedürftigkeit kommt eine solche Massnahme in Betracht. Im Normalfall ist eine umfassende Abklärung notwendig.
Fazit
Ein Umzug mit Kind bei gemeinsamer elterlicher Sorge ist eine tiefgreifende Entscheidung. Planen Sie den Umzug detailliert, kommunizieren Sie offen mit dem anderen Elternteil und stellen Sie das Kindeswohl immer an erste Stelle. Dann finden Sie eine Lösung, die für alle Beteiligten tragfähig ist.






