Obhut-Wechsel trotz Appel? Ihre Rechte bei vorsorglichen Massnahmen in der Schweiz

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Eine Trennung ist ein Schock, besonders wenn Kinder betroffen sind. Wenn das Gericht vorsorgliche Massnahmen – die sogenannten Eheschutzmassnahmen – zum Beispiel bezüglich der Obhut trifft, stellen sich viele Fragen. Die wichtigste: Kann die Entscheidung sofort umgesetzt werden, auch wenn ich Appel einlege?

 

Sofortige Wirksamkeit: Der Grundsatz in der ZPO

Das Schweizer Zivilprozessrecht (ZPO) legt fest, dass ein Appel gegen Massnahmen, die nur vorläufig gelten, in der Regel keinen aufschiebenden Wirkung hat (Art. 315 Abs. 4 Bst. b ZPO). Man nennt das kein effet suspensif.

Das bedeutet, dass die gerichtliche Anordnung zur Obhut oder zum Kindesunterhalt unmittelbar in Kraft tritt. Dies soll gewährleisten, dass die notwendigen Vorkehrungen im Sinne des Schutzes schnellstens getroffen werden. Sie müssen aber wissen, dass es sich dabei nur um einen Grundsatz handelt.

 

Das Kindeswohl bricht die Regel: Schutz der Bezugsperson

Gerade bei einem Obhut-Wechsel ist die Situation anders. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts schützt die Kontinuität und Stabilität des Kindes. Wenn das Gericht in erster Instanz die Obhut verändert, sodass das Kind den bisherigen Bezugselternteil verlassen muss, wird der Appel des Elternteils, der das Kind behalten will, meistens zugelassen.

Die Appellationsinstanz gewährt in solchen Fällen in der Regel einen Suspension der Massnahme. Das Kind bleibtdann während des Appellationsverfahrens bei der gewohnten Bezugsperson. Dies ist ein starkes Zeichen, dass das Wohl des Kindes über formalen Verfahrensregeln steht.

 

Wenn ein Elternteil den Kontakt verhindert

Die Gerichte sind aber nicht machtlos, wenn ein Elternteil diese Regeln missbraucht. Wenn ein Elternteil zum Beispiel grundlos und konsequent das Besuchsrecht des anderen Elternteils behindert – man spricht von Kontaktverhinderung – kann dies im Extremfall als Kindeswohl-Gefährdung angesehen werden.

In einem solchen Fall kann das Gericht auch den sofortigen Obhut-Transfer zum anderen Elternteil anordnen, ohneaufschiebenden Wirkung. Das Gericht beurteilt, ob das Verhalten des Elternteils die psychische Gesundheit der Kinder so stark belastet, dass eine sofortige Intervention nötig ist. Es ist eine Interessenabwägung zwischen dem Schutz der Kontinuität und dem Schutz vor psychischem Schaden.

 

Fazit

Lassen Sie sich durch den juristischen Fachbegriff „fehlender aufschiebender Wirkung“ nicht verunsichern. Während Eheschutzmassnahmen in der Schweiz grundsätzlich sofort gelten, stellt das Kindeswohl bei einem Obhut-Wechsel eine wichtige Barriere dar. Nur in extremen Ausnahmefällen, wenn das Wohl des Kindes ernsthaft gefährdet ist, erfolgt der Obhut-Wechsel trotz Appel sofort. Suchen Sie rasch eine Beratung.