Die Stimme Ihres Kindes im Verfahren: Grundsätze zur Kinderanhörung (Art. 298 ZPO)

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Eine Trennung stellt das Leben Ihrer Familie auf den Kopf. Besonders für Kinder ist diese Zeit emotional aufwühlend. Das Schweizer Recht möchte sicherstellen, dass die Meinung der Minderjährigen nicht untergeht. Die Kinderanhörungnach Art. 298 ZPO gibt Ihrem Kind die Stimme im Verfahren.

Das Ziel: Das Gericht möchte herausfinden, was Ihr Kind wirklich wünscht und wie es die Situation empfindet. Diese Erkenntnisse sind entscheidend für alle Entscheidungen rund um Betreuung und Sorge.

Juristischer Grundsatz: Das Gericht muss handeln

Das Gesetz ist in dieser Frage eindeutig: Das Gericht muss Ihr Kind von sich aus anhören. Eine Initiative der Eltern, die oft durch emotionale Belastung geprägt ist, ist nicht notwendig.

  • Das Gericht handelt von Amtes wegen (d’office).

  • Die Richterin oder der Richter kann nur in begründeten Fällen davon absehen.

Merke: Eine vorschnelle Einschätzung, dass die Anhörung nichts Neues bringt, ist kein zulässiger Grund für den Verzicht. Die Anhörung ist ein essenzieller Verfahrensgrundsatz.

Wiederholungen vermeiden: Schutz vor unnötiger Belastung

Das System schützt Ihr Kind vor Überlastung. Wenn eine Entscheidung schon einmal getroffen wurde oder das Verfahren in die nächste Instanz (wie die Appellation) geht, muss die Kinderanhörung nicht automatisch wiederholt werden.

Massstab: Eine neue Anhörung findet nur statt, wenn:

  1. Ein erheblicher Zeitablauf die ursprüngliche Aussage irrelevant macht.

  2. Neue, wichtige Tatsachen dies erforderlich machen.

So wird vermieden, dass Ihr Kind den Loyalitätskonflikt immer wieder neu durchlebt.

Wenn ein Dritter bereits gesprochen hat

Manchmal hat der Richter einen Dritten (z. B. eine Fachstelle, einen Kinderpsychologen) mit einer Anhörungbeauftragt. Das Gericht darf diese Ergebnisse verwenden und auf eine eigene Anhörung verzichten.

Voraussetzung: Das Gericht muss sorgfältig prüfen:

  • Würde eine wiederholte Befragung eine unzumutbare Belastung für das Kind darstellen?

  • Führt die erneute Anhörung zu keinen neuen Ergebnissen?

Wichtig ist auch, dass der Bericht des Dritten transparent und die Ergebnisse nachvollziehbar sind. Das Bundesgericht (wie im erwähnten Fall) prüft diese Kriterien sehr genau, um die Rechte des Kindes zu wahren.

✅ Was Sie als Eltern tun können

Ihre Aufgabe ist es, Ihrem Kind einen sicheren Raum zu geben.

  • Reden Sie altersgerecht und neutral über das Vorgehen.

  • Vermeiden Sie jeglichen Druck. Ihr Kind soll frei sprechen können.

  • Respektieren Sie die Entscheidung des Gerichts bezüglich der Anhörung.

Fazit

Die Anhörung Minderjähriger in der Schweiz ist ein streng geregeltes Verfahren, das dem Schutz der Kinder dient. Das Gericht muss die Stimme Ihres Kindes hören (von Amtes wegen), nimmt dabei aber Rücksicht auf die Belastung des Kindes durch Vermeidung unnötiger Wiederholungen oder die Verwendung von Berichten Dritter. Vertrauen Sie darauf, dass das Gericht alles unternimmt, um das Kindeswohl zu gewährleisten.