Aktien und Scheidung: Vermögensaufteilung von Wertpapierdepots nach Schweizer Güterrecht
Das Wertschriftendepot im Scheidungsverfahren: Was gehört wem?
Die Scheidung ist eine Zäsur, die nicht nur das persönliche, sondern auch das finanzielle Leben neu ordnet. Wenn während der Ehe in Wertschriften investiert wurde, stellt sich schnell die Frage: Wie wird das Depot aufgeteilt? Dies ist eine der häufigsten Herausforderungen in der güterrechtlichen Auseinandersetzung in der Schweiz.
Der folgende Artikel erklärt verständlich, wie Wertschriftendepots nach den Regeln des Schweizer Zivilgesetzbuchs (ZGB) behandelt werden und worauf Sie bei der Vermögensaufteilung achten sollten.
Güterrechtliche Prinzipien: Eigengut vs. Errungenschaft
Das Schweizer Güterrecht basiert standardmässig auf der sogenannten Errungenschaftsbeteiligung (Art. 196 ff. ZGB), sofern kein Ehevertrag die Gütertrennung vorsieht.
In diesem Güterstand wird das Vermögen in zwei Massen unterschieden:
- Eigengut: Dazu gehört alles, was ein Ehepartner vor der Eheschliessung besessen hat, sowie persönliche Geschenke und Erbschaften während der Ehe.
- Errungenschaft: Hierzu zählen alle Vermögenswerte, die während der Ehe durch Arbeitseinkommen, Renten oder Sozialversicherungsleistungen erworben wurden.
Bei der Scheidung behält jeder sein Eigengut, während die Errungenschaft hälftig geteilt wird.
Die Herausforderung bei Wertschriften
Die Zuordnung von Wertschriftendepots kann knifflig sein, insbesondere wenn über die Jahre Eigengut und Errungenschaft vermischt wurden (z.B. durch zusätzliche Einzahlungen aus dem Lohn auf ein geerbtes Depot).
Beispiele zur Klärung:
- Scenario 1: Geerbtes Depot (Eigengut): Sie haben ein Depot von Ihrer Familie geerbt. Der Wert dieser Aktien bleibt Ihr Eigengut.
- Scenario 2: Depot aus Ersparnissen (Errungenschaft): Das Depot wurde aus dem gemeinsamen Lohn während der Ehe aufgebaut. Es ist Teil der Errungenschaft und wird geteilt.
Erträge aus Eigengut sind Errungenschaft!
Ein häufiger Irrtum ist, dass alle Vermögenswerte aus Eigengut auch samt ihren Erträgen Eigengut bleiben. Im Schweizer Recht ist dies anders: Zinsen und Dividenden, die während der Ehe aus Eigengut-Anlagen erzielt werden, zählen zur Errungenschaft und müssen bei der Scheidung geteilt werden (Art. 197 Abs. 2 ZGB).
Wichtig: Wertsteigerungen, die auf rein konjunkturellen Schwankungen (Kursgewinne) beruhen, bleiben hingegen grundsätzlich Eigengut. Nur wenn die Wertsteigerung auf Investitionen aus Errungenschaftsmitteln beruht, ist der entsprechende Mehrwert ebenfalls Errungenschaft.
Die Bedeutung des Nachweises
Das ZGB sieht vor, dass bei fehlendem Beweis ein Vermögenswert als Errungenschaft gilt (Art. 200 Abs. 2 ZGB). Daher ist es entscheidend, die Herkunft der Mittel, mit denen das Depot aufgebaut oder die Wertschriften gekauft wurden, belegen zu können. Eine klare Dokumentation ist im Scheidungsverfahren von grösster Wichtigkeit.
Bewertung der Wertschriften
Wertpapiere unterliegen täglichen Kursschwankungen. Für die güterrechtliche Auseinandersetzung ist der Verkehrswert(Marktwert) zum Zeitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung massgeblich. Wenn das Scheidungsverfahren länger dauert, können sich die Kurse noch stark verändern. Verluste oder Gewinne bis zum Stichtag des Urteils werden in der Regel berücksichtigt.
Fazit: Klare Verhältnisse schaffen
Die Aufteilung von Wertschriftendepots erfordert Sorgfalt. Um eine faire Lösung zu finden, ist es wichtig, die Regeln des Güterrechts zu verstehen und frühzeitig eine umfassende Bestandsaufnahme zu machen. Professionelle Unterstützung durch einen spezialisierten Anwalt oder Mediator kann dabei helfen, eine sachliche und gerechte Lösung zu finden, die beide Parteien akzeptieren können.






