Kindesunterhalt nach 18: Die neue Rolle des volljährigen Kindes im Scheidungsrecht
1. Wenn die Schutzkappe fällt: Das volljährige Kind im Fokus
Wenn sich Eltern trennen und ein Kind kurz vor oder während des Verfahrens 18 Jahre alt wird, verändert sich dessen Stellung im Zivilprozess grundlegend. Die elterliche Sorge und damit die gesetzliche Vertretung enden. Das Kind wird zum eigenständigen Rechtssubjekt, das die finanziellen Belange der Ausbildung selbst regeln muss. Die zentrale Frage lautet: Wie wirkt sich die Volljährigkeit auf den bereits eingeklagten Kindesunterhalt aus?
2. Die unveränderte Pflicht: Unterhalt bis zum Abschluss der Erstausbildung
Unabhängig von der Volljährigkeit bleibt die finanzielle Unterstützung der Eltern für die Erstausbildung bestehen. Das Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB) sieht vor, dass Eltern für den Unterhalt ihrer Kinder sorgen müssen, bis diese eine angemessene Ausbildung beendet haben.
Merke: Die Volljährigkeit befreit Eltern nicht von der Unterhaltspflicht, solange das Kind noch in Ausbildung ist und nicht selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann.
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Grundsatz: Der Unterhalt soll die Kosten für Lebenshaltung, Ausbildung und angemessene Lebensführung decken.
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Anforderung: Das volljährige Kind muss den Eltern Auskunft über den Verlauf und die Kosten seiner Ausbildung geben.
3. Die Wende im Verfahren: Der Übergang der Prozessführungsbefugnis
Der kritische Punkt liegt in der sogenannten Prozessstandschaft oder Prozessführungsbefugnis. Es geht darum, wer vor Gericht das Recht hat, den Unterhalt einzufordern.
Wird das Kind während des laufenden Scheidungs- oder Eheschutzverfahrens 18, muss das Gericht das Kind formell als Partei in den Prozess aufnehmen. Das Kind kann die Prozesshandlungen nun selbst vornehmen. Es kann sich aber auch weiterhin vom bisherigen Anwalt vertreten lassen.
4. Der sanfte Übergang: Kommunikation und Vereinbarung sind entscheidend
Für alle Beteiligten ist es am besten, wenn dieser formelle Wechsel durch eine frühzeitige, aussergerichtliche Vereinbarung entschärft wird.
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Für Eltern: Nutzen Sie die Zeit vor der Volljährigkeit, um in einer Scheidungs- oder Trennungsvereinbarung den Unterhalt bis zum Ausbildungsende festzulegen. Dies vermeidet einen zusätzlichen Prozess gegen das Kind.
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Für das volljährige Kind: Machen Sie sich mit Ihren Rechten vertraut. Fordern Sie bei Unstimmigkeiten die Unterhaltszahlungen schriftlich von Ihren Eltern ein. Wenn das Gericht das Verfahren nach Ihrer Volljährigkeit weiterführt, können Sie sich dem Verfahren anschliessen oder dieses übernehmen.
5. Fazit: Selbstbestimmung mit Verantwortung
Die Volljährigkeit markiert einen rechtlichen Einschnitt, der im Unterhaltsprozess höchste Aufmerksamkeit erfordert. Während die Unterhaltspflicht der Eltern für die Erstausbildung bestehen bleibt, wechselt die Verantwortung für die Durchsetzung der Ansprüche auf das nun volljährige Kind. Eltern sollten proaktiv kommunizieren, um ihrem Kind den eigenständigen Gang vor Gericht zu ersparen.





