Verpasste Frist bei Vaterschaftsklage? So nutzen Sie die Ausnahme nach Art. 263 Abs. 3 ZGB

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Jedes Kind hat das Recht, seine Abstammung zu kennen. Für die Mutter oder das Kind, die in der Schweiz die Vaterschaft gerichtlich feststellen lassen möchten, ist die Vaterschaftsklage der richtige Weg. Dieses Verfahren ist jedoch an strenge Fristen gebunden, die viele Betroffene als große Hürde empfinden. Wenn Sie die gesetzliche Frist verpasst haben, ist die Situation nicht hoffnungslos, aber Sie müssen schnell und gezielt handeln.

 

Kurzer Reminder: Die starren Fristen des ZGB

Grundsätzlich setzt Art. 263 Abs. 1 ZGB einen engen zeitlichen Rahmen:

  • Mütter: Haben ein Jahr ab der Geburt Zeit.
  • Kinder: Können die Klage bis ein Jahr nach ihrer Volljährigkeit einreichen.

Diese kurzen Fristen stellen einen direkten Konflikt zwischen der Wahrheitsfindung und der notwendigen Rechtssicherheit dar.

 

Die Tür der Ausnahme: Entschuldbare Verspätung

Der entscheidende Paragraph ist Art. 263 Abs. 3 ZGB. Er öffnet eine kleine Tür, indem er eine Klage nach Ablauf der ordentlichen Frist zulässt, wenn „justes motifs“ (wichtige Gründe) die Verzögerung entschuldigen. Die Gerichte beurteilen diese Situationen immer individuell und auf Basis von Recht und Billigkeit (Art. 4 ZGB).

  • Was bedeutet „Entschuldbare Verspätung“?
    • Unvorhergesehene, äußere Umstände (Objektiv): Dazu zählen Ereignisse, die Sie nicht beeinflussen konnten. Ein typisches Beispiel ist das späte Bekanntwerden des biologischen Vaters oder unüberwindbare Beweisprobleme, die erst später gelöst werden konnten.
    • Psychische Blockaden oder Zwangslagen (Subjektiv): In seltenen, gut begründeten Fällen können auch psychologische Umstände berücksichtigt werden, die eine Klageerhebung unmöglich machten.

 

Vorsicht Falle: Was die Justiz ablehnt

Die bundesgerichtliche Praxis ist hier sehr strikt:

  • Ignorance du droit (Unkenntnis des Rechts): Die bloße Tatsache, dass Sie die Fristen nicht kannten, gilt nicht als wichtiger Grund für eine Wiederherstellung. Das Gericht erwartet von Ihnen, dass Sie sich über die Rechtslage informieren.
  • Zögerliches Handeln: Sobald der wichtige Grund wegfällt, müssen Sie die Klage sofort einreichen. Ein weiteres Zuwarten, beispielsweise für eine längere Bedenkzeit, führt zur Ablehnung der Klage wegen Verwirkung.

 

Handlungsschritte für Betroffene

  1. Sichtung der Beweise: Sammeln Sie alle Belege, die Ihren wichtigen Grund nach Art. 263 Abs. 3 ZGB belegen.
  2. Sofortige Rechtsberatung: Suchen Sie umgehend eine Fachperson für Familienrecht auf. Die Frist zur Klageeinreichung nach Wegfall des Hinderungsgrundes ist extrem kurz.
  3. Klage vorbereiten: Die Klage muss präzise darlegen, warum Sie verspätet sind und warum dieser Grund entschuldbar ist.

 

Fazit: Die Härte der Fristen und die Chance der Ausnahme

Die Fristen im Vaterschaftsrecht sind hart, aber Art. 263 Abs. 3 ZGB bietet eine Chance für Fälle, in denen ein Handeln objektiv oder subjektiv unmöglich war. Nur wer entschlossen und schnell handelt, sobald der Hinderungsgrund wegfällt, kann diese seltene Möglichkeit nutzen.